[Fossgis-talk] Anfrage Zusammenarbeit Thüringer Landesvermessungsamt <-> FOSSGIS

Arnulf Christl (OSGeo) arnulf at osgeo.org
Do Aug 13 19:50:32 CEST 2009


Hallo Markus,
coole Aktion!

Ich habe unten Punkt 1 und 2 ebenfalls etwas länglich kommentiert.

Markus Brückner schrieb:
> Hallo,
> 
> vor etwas über einer Woche hatte ich Kontakt zum FOSSGIS-Vorstand über 
> info at fossgis.de aufgenommen. Es ging dabei um ein mögliches Projekt zu Nutzung 
> von Luftbildern des Thüringer Landesamtes für Vermessung und Geoinformation 
> für die Erfassung von Daten für OpenStreetMap. Da bisher noch keine Antwort 
> seitens des FOSSGIS erfolgte und ich so ein wenig die Befürchtung hege, dass 
> die Mail evtl. verlorengegangen sein könnte, wollte ich das Projekt hier 
> nochmal kurz vorstellen und um Meinungen bitten.
> Wir – das heißt meine beiden Mitstreiter und ich – sind seit einiger Zeit bei 
> OpenStreetMap aktiv und konzentrieren uns (wohnortbedingt) stark auf den Raum 
> Thüringen, speziell in und um Ilmenau. Die Erfassung von Straßen und Wegen ist 
> hier in der Gegend sehr gut vorangekommen, so dass wir mittlerweile die 
> Aktivitäten mehr auf andere Features wie Hausnummern etc. verlegt haben. 
> Angespornt vom Erfolg der Zusammenarbeit zwischen OSM und dem bayrischen 
> Landesvermessungsamt haben wir vor einiger Zeit begonnen Kontakt zum 
> thüringischen Äquivalent herzustellen und auszuloten, inwieweit hier sowas 
> auch möglich wäre. Der Hintergrund hierzu ist klar: manche Sachen lassen sich 
> schlicht aus Luftbildern einfacher oder überhaupt erst erfassen (Häuser, 
> Teiche, Flüsse, Wälder etc.).
> Bisher ist der Kontakt zum TLVermGeo zwiegespalten: zwar wurde die Idee nicht 
> rundweg abgelehnt, aber eine Zusage kann und will man uns wohl im Moment nicht 
> so einfach geben (letzlich hinge die hier in Thüringen vom Bauministerium ab). 
> Man hat uns allerdings eingeladen über das Thema bei einem persönlichen Termin 
> mal zu sprechen und auszuloten, was möglich wäre.
> Hier kommt nun der FOSSGIS ins Spiel: ihr seid für Deutschland ja nun der 
> Ansprechpartner für das OSM-Projekt. Insofern wäre es uns lieb, wenn ihr auch 
> die rechtliche Seite des Projektes mit absichert. Technisch gesehen würde 
> einer Umsetzung nichts im Wege stehen. Wir haben eine Sponsoringzusage für 
> Speicherplatz und Bandbreite um die Luftbilder ähnlich wie in Bayern 
> bereitstellen zu können. Grundsätzlich wäre es zwar auch möglich über den 
> Verein [0], der uns diese gegeben hat, die rechtliche Seite mit abzuwickeln, 
> aber wir möchten hier den FOSSGIS logischerweise nicht außen vor lassen. 
> Worum geht es uns also nun konkret? Wir würden gern wissen, inwiefern ein 
> Vertreter des FOSSGIS an dem Gespräch mit dem TLVermGeo beteiligt sein will. 
> Sollte das der Fall sein (das Gespräch wird in Erfurt stattfinden), dann 
> würden wir uns gern vorher abstimmen (entweder persönlich oder per EMail). 
> Sollte das nicht der Fall sein, dann sind wir offen für Vorschläge, was mit 
> dem TLVermGeo alles zu besprechen ist. Die bisherige Agenda des Treffens sieht 
> wie folgt aus:
> 
> 1.      Kostenmodelle zur Nutzung von Geobasisdaten des TLVermGeo

Hier sollte man natürlich höchst einfühlsam sein! Ein paar Vorschläge,
falls es zu einem Dialog kommen sollte.

Der Staat kommt lediglich seiner Daseinvorsorgepflicht[1] nach wenn er
Geodaten erhebt, pflegt und kostenfrei bereitstellt. Der Staat sollte
nicht versuchen daraus ein Geschäft zu machen, denn das ist nicht seine
Aufgabe. Punkt.

Wenn dann das unvermeidliche Lamento anfängt, dass das alles so teuer
ist und "wer soll das bezahlen", kann man auf das Verursacherprinzip
verweisen. Das geht so: Wer Änderungen im Raum vornimmt (ein Haus oder
eine Strasse baut, ein Loch für Kohleabbau gräbt, etc.) der muss diese
Veränderung dokumentieren (lassen). Dafür gibt es in Deutschland auch
ganz tolle Gesetze, die Häuslebauer verpflichtet ihre Häusle
professionell einmessen zu lassen. Das generiert Einnahmen, und zwar von
genau denen, die erstens die Umwelt der anderen verändern und die es
sich zweitens auch leisten können (sonst würden sie ja nicht bauen
können). Das klingt so logisch und ist so naheliegend, dass einige
Länder bereits kräftig an dem Gesetz sägen bzw. es nicht juristisch
durchsetzen, sondern klare Verstöße verjähren lassen. So was Gutes darf
man einfach nicht beibehalten. Die Gebührenordnung sollte die Höhe der
Kosten regeln, die bei einem Eingriff in den Raum anfallen. Über diese
Kosten sollten auch Querschnittsaufgaben wie die regelmäßige Befliegung
zur Orthophotoaufnahme finanziert werden. Das sind keine "hübschen"
bewaldeten Bilder wie man sie aus GiggleMops kennt, sondern hässliche
mit nackten Bäumen, damit der Geodät auch die Erde sieht.

> 2.      Vertretungsbefugnis durch FOSSGIS e.V. für OSM

Wir sitzen hier einem klassischen Henne-Ei Problem auf. Es gibt bisher
keine juristische Person "OSM-Deutschland" und deshalb kann der FOSSGIS
e.V. auch nicht deren *befugte* Vertretung sein. Der FOSSGIS e.V.
behauptet das auch nicht, sondern "...ist Ansprechpartner für das
OpenStreetmMap-Projekt in Deutschland" [2].

Der FOSSGIS e.V. könnte lediglich einen Vertretungs*anspruch* erheben,
diesen aber nicht mit einer siginifikanten OSM-Mitgliedschaft
untermauern, weshalb er das derzeit auch nicht macht.

Der Verein kann jedoch als offizielle juristische Person die Ziele von
OSM unterstützen und sich für die Erhaltung der bereits bestehenden
Daten und Communtiy in ihrer aktuellen Form engagieren. Das kann mit
technischen und organisatorischen Mitteln geschehen, siehe GPS-Verleih,
Messestände oder aktuell den Aufbau eines OSM-Servers. Das steht auch so
in der Satzung [3], vor allem unter §3 Punkte 2 bis 4:

2 Weiterentwicklung und Forschung an freien Informationswerken
3 Bereitstellung freier GIS Software und Daten, sowie Förderung deren
Verfügbarkeit
4 Beiträge zur sachkundigen Information der Öffentlichkeit im
Tätigkeitsbereich des Vereins

Insofern ist der FOSSGIS e.V. juristisch betrachtet in Deutschland
sozusagen das Beste was "OSM Deutschland" derzeit vorzuweisen hat, aber
eben nicht rechtsverbindlich im Namen von OSM DE (weil es OSM DE ja gar
nicht gibt). Der Verein ist sehr daran interessiert die Kommunikation
weiterzuführen, um den Vertretungsanspruch ggf. irgendwann mal
berechtigt annehmen zu können.

Gruß,
Arnulf.

> 3.      Bewertung des bayrischen Pilotprojektes "Orthophotos für OSM"
> 
> Weitere Punkte können natürlich jederzeit noch vereinbart werden. Speziell was 
> den zweiten Punkt auf der Agenda anbelangt: das TLVermGeo scheint hier etwas 
> Bedenken zu haben, inwieweit der FOSSGIS berechtigt ist, die Interessen von 
> OSM in Deutschland zu vertreten. Da könnten wir im Zweifelsfall etwas 
> Argumentationshilfe gebrauchen, da uns die rechtlichen Zusammenhänge des 
> Projektes nicht 100% klar sind.
> So, ich hoffe, ich habe erstmal umfassend dargelegt, worum es uns geht. Da wir 
> natürlich das Gesprächsangebot des TLVermGeo nicht ewig in der Luft hängen 
> lassen können würden wir gern bis zum 19. August um Kommentare bitten. 
> Abhängig von den Kommentaren würden wir danach einen Termin für das Gespräch 
> vereinbaren.
> 
> Danke für Eure Geduld mit der langen EMail
> MfG
> Markus Brückner
> 
> [0] http://www.fem.tu-ilmenau.de
> _______________________________________________
> Fossgis-talk-liste mailing list
> Fossgis-talk-liste at fossgis.de
> https://lists.fossgis.de/mailman/listinfo/fossgis-talk-liste


[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Daseinsvorsorge
[2] http://www.fossgis.de/
[3] http://www.fossgis.de/verein_satzung.html

-- 
Arnulf Christl
OSGeo President
http://www.osgeo.org